Mapa mundi
Stadtpläne und
Landkarten haben mich schon immer fasziniert. Die Linien und Wörter auf einem
Blatt Papier, die einen Ort beschreiben, laden zum Träumen und manchmal auch
zum sich Erinnern ein. Bruno Schwebel, mit dem ich von einigen Jahren an
der Übersetzung seiner Erinnerungen arbeitete, hat dieser Idee noch eine
andere Perspektive hinzugefügt. Er meinte "Man kann in Landkarten lesen
wie in einem Buch." Welche breiten und engen, welche langen und kurzen
Straßen werden wonach oder nach wem benannt?
In jeder größeren
Stadt gibt es Straßen, die in eine oder mehrere von verschiedenen Kategorien
fallen. Namen berühmter Menschen sind auf diesem Wege in Aller Munde, auch über
deren Tod hinaus. In Mexiko-Stadt gibt es mehrere Straßen, die nach Emiliano
Zapata benannt wurden. Andere, meist männliche, Namensgeber sind M.A. de
Quevedo, Francisco Sosa, und General Anaya. Miguel Angel de
Quevedo „hat“ nicht nur eine Avenida, eine breite Straße, sondern auch eine
U-Bahn Station und einen schönen Park. Francisco Sosa starb in der Straße, die
heute seinen Namen trägt. Er war Journalist, Schriftsteller und Politiker und
lebte zu Zeiten der Diktatur von Porfirio Díaz und der mexikanischen
Revolution. Pedro María Bernardino Anaya Álvarez war General im
mexikanisch-amerikanischen Krieg und war für die Unabhängigkeit Zentralamerikas.
1847 war er für nicht ganz zwei Monate Präsident Mexikos. Eine besonders lange
Straße in Coyoacan ist benannt nach Xicoténcatl, einem
Krieger, der gegen die spanischen Konquistadoren kämpfte. Namen wie dieser
erinnern daran, dass Spanisch heute zwar die offizielle Landessprache ist, aber
dass es daneben noch andere Kulturen und Sprachen gibt. Xīcohténcatl Āxāyacatzin lebte Ende des 15. Und Anfang des 16.
Jahrhunderts und Sprache Nahuatl. Aus dieser Sprache kommt auch ein anderer
Straßenname im Süden, Aguacate, auf Deutsch Avocado. Diese Früchte findet man
auf jedem Markt, auch wenn sie heutzutage oft aus Chile importiert werden.
Nicht weit davon verläuft die Avenida Río Churubusco, eine sechs bis
achtspurige Stadtautobahn, die Coyoacan im Norden begrenzt. Man kann sich heute
kaum vorstellen, dass hier bis in die 60 er Jahre tatsächlich ein Fluss zum
Stadtbild gehörte. Er wurde im Zuge der „Modernisierung“ in eine Röhre unter
den Asphalt verbannt.
Ein großes Vergnügen ist es, wenn man, mit dem Stadtplan in der Hand, die Umgebung dann zu Fuß oder per Fahrrad erkunden kann. Kommen Sie doch einmal vorbei!